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Es war noch recht früh am Morgen, als Alec den großen Baumarkt betrat. Stirnrunzelnd blieb er stehen, um sich zu orientieren. Normalerweise kümmerte er sich nicht selbst um Dinge, er ließ besorgen. In diesem speziellen Fall allerdings, würde er eine Ausnahme machen müssen. Manche Dinge sollten die Angestellten vielleicht besser nicht gleich mitbekommen, am Besten gar nicht. Sich den Schlips zurecht gerückt, lief der Millardär entschlossen in eine Richtung, woraufhin er gleich auf einen Mitarbeiter traf. Die Hitze in diesem Markt war beinahe unerträglich, denn die Sonne schien bereits jetzt unerbittlich auf das teilweise verglaste Dach. "Kann ich Ihnen helfen, Sir?", erkundigte man sich und musterte ihn dabei abschätzig und wohl wissend, wen er da vor sich hatte. Wie automatisch versteiften die Muskeln des Angestellten sich, als habe er Angst sich falsch zu bewegen. "Ich bin auf der Suche nach.." Doch den Satz brachte er nicht bis zum Ende. Ungläubig den Mund ein wenig öffnend, winkte er ab und schüttelte den Kopf. "Verzeihung, ich muss kurz was sehen." Und somit ließ er den unwissenden Angestellten dort stehen. Verunsichert drehte dieser sich zur Seite um und fuhr sich durch sein krauses Haar, ehe er die Richtung wechselte und seinen Kollegen davon erzählte, wer hier war.
Dort stand sie wieder. Die unschuldige, schüchterne Bibliothikarin aus der Universität und zugleich diese unheimlich faszinierende Frau, die selbst jetzt eine wahnsinnige Ausstrahlung hatte. Gerade unterhielt sie sich mit einem Kollegen, als er sich erlaubte direkt hinter ihr stehen zu bleiben. Allein der Geruch, den er mit sich brachte, dürfte auf ihn aufmerksam machen und dennoch sprach er. "Miss Evermore, Sie hier? Ich hatte ehrlich gesagt nicht erwartet Sie auch hier wieder anzutreffen, aber es freut mich.", raunte seine Stimme mit diesem rauen Unterton, darauf wartend ihre eisblauen Augen ansehen zu können. Ein Reihe weißer Zähne entblößte sich seinerseits, als sie genau das tat und ihn ansah. "Ich bräuchte Kabelbinder, könnten Sie mir zeigen, wo ich den finde?"


In der Nacht nach der Verabredung mit Alec, hatte die Brünette nicht besonders gut geschlafen. Sie hatte an ihn gedacht und wann immer sie die Augen schloss, sah sie die seinen. Bei dem Gedanken an ihn, erröteten ihre Wangen wie automatisch und in der Stille glaubte sie ganz deutlich seine Stimme zu hören. Sich in ihrem Bett hin und her gewälzt, klingelte der Wecker am nächsten Morgen pünktlich um sieben Uhr. Glücklicherweise hatte sie ein bisschen länger schlafen können. Nach einer ausgiebigen Dusche, stieg die Schöne in ihre Arbeitskleidung. Neben dem Job in der Bibliothek, arbeitete sie auch noch in einem Baumarkt, in dem sie jedoch nur hin und wieder aushalf und noch seltener mit Kunden sprach. Jemand wie sie wurde nicht gerne im Verlauf eingesetzt, schließlich fiel es ihr schon schwer mit ihrer besten Freundin zu sprechen. Lediglich das Auffüllen der Regale und vielleicht ein nettes 'Hallo' oder 'Guten Morgen' an einen Kunden und ihr Chef war zufrieden. Mit dem wenigen Geld das sie damit verdiente, würde sie natürlich wie immer nicht glücklich werden, ebenso wenig mit dem Job im Baumarkt, doch es half um über die Runden zu kommen. Gerade so.
"Also hör zu. Du räumst heute Gang vier, fünf, sieben und zehn um. Die Ware steht hinten im Lager. Einräumen und Ordnung schaffen, du kennst das Spielchen ja." Ihr Kollege war nett, doch sah er in Saphira - trotz sich in seiner noch befindenden Ausbildung - nichts als eine Art Untertane. Eine Nichtskönnerin, die er rumschubsen und rumkommandieren konnte. Das Einzig positive an der ganzen Sache war, dass er beim Chef stets ein gutes Wort für sie einsetzte, was aber auch Alles war. "Ich werd' jetzt in die Pause gehen." Mit diesen Worten verschwand ihr Kollege, gerade als Saph nur allzu deutlich merkte, dass sich jemand hinter ihr befand.
Eine Gänsehaut bildete sich auf ihrem Körper und für einen Moment schloss Saphira die Augen. Er war es wirklich. Er stand direkt hinter ihr, seine verführerische Stimme drang an ihr Ohr und es fehlte nur noch, dass er sich zu ihr hinunter beugte und sie seinen Atmen in ihrem Nacken spüren konnte. Blitzartig die Augen geöffnet, schüttelte sie den Kopf. Sie erkannte sich selbst nicht wieder! Was für Gedanken schwirrten ihr da im Kopf umher? "Alec ..." Flüsterte sie, wobei auch sein Name aus ihrem Mund so lieblich und brav klang, ihre zarte Stimme jedoch nicht die Geräuschkulisse im Hintergrund übertönen konnte. "Sie hier?" Ein Lächeln huschte über ihre Lippen und wieder wandte sie den Blick ab, als er den ihren suchte. Wenn er sie so ansah oder auch nur ansprach ... sie wurde so vollkommen nervös. "Kabelbinder?" Fragte die Schöne ungläubig, neugierig für was er sie benötigte, doch natürlich fragte sie nicht weiter nach. "Eigentlich bin ich nicht im Verkauf ..." Wollte sie ihm da etwa gerade eine Frage abschlagen? "Aber .. ich zeig es Ihnen. Folgen Sie mir ..." Ihm ein knappes, kleines Lächeln geschenkt und sich das Haar hinters Ohr gestrichen, führte sie Alec durch die unzähligen Gänge, geradewegs zu den Kabelbindern. Sich etwas gestreckt und dabei durch das zu kurze Arbeitshemd ihren Rücken entblößt, reichte sie ihm den Kabelbinder und zupfte dann ihre Kleidung zurecht, ehe sie sich räusperte. "Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Alec? Brauchen Sie noch etwas?"
Den Kopf angehoben, blickte sie dem Geschäftsmann in die silbernen Augen und war augenblicklich wieder wie erstarrt. Ihre Wangen röteten sich und nervös biss sie sich auf die Unterlippe. Dieser Mann brachte sie vollkommen aus der Fassung ..


Gedanken an andere verschwenden? Sowas tat Alec nicht, viel zu beschäftigt war er stets mit seinem Geschäft oder anderweitigen Verpflichtungen. Wie oft wurde er eingeladen, um einfach da zu sein und einen guten Eindruck zu hinterlassen. Oh ja, wie konnte er sich doch gut verstellen für all die geldgierigen Menschen. Wie oft musste er sich irgendwelche langweiligen Vorträge anhören, um am Ende selbst ein paar Worte von sich zu geben, für die er Applaus und weitere Sympathie erntete? Bei dem Gedanken daran musste er die Augen verdrehen. An Gang fünf, wo sie sich derzeit befanden, bildete sich eine Gruppe, die ihn tuschelnd begutachtete und dann "unauffällig" weiterging. Glaubten die Leute eigentlich, dass er nicht bemerkte, wenn man ihn derart angaffte? Einen Luftschwall über die Lippen kommen lassend, schenkte er der einzigen Ausnahme seine Aufmerksamkeit, an die er tatsächlich ebenfalls gedacht hatte. Die Art, wie sie seinen Namen aussprach, ließ ihn seicht schmunzeln. "Miss Evermore.", grüßte er ebenfalls mit einem Nicken, die Hände dabei lässig in den Hosentaschen. Zwei weitere Mitarbeiter spähten um die Ecke, um kurz darauf schnell die Köpfe wieder weg zu ziehen. "Ja, er ist es wirklich. Ist das zu fassen, dass der in einen Baumarkt geht?", hallte es flüsternd zu ihnen hinüber, doch Alec beachtete es nicht weiter. Das die Regale hinter denen sie sich unterhielten nicht Schalldicht waren, hätten sie sich wohl eigentlich selbst denken können.
Zunächst wortlos folgte er der Brünetten, die offenbar nicht oft Kunden bediente. Skeptisch hinterfragte sie seine Suche nach Kabelbinder, wenn sie darauf auch sicher keine Antwort erwartet hatte. "Glauben Sie, dass ich nicht handwerklich begabt bin?", die Ironie und das leichte Zucken seiner Mundwinkel deutete die Ironie an, wenn diese vielleicht auch nicht ganz so deutlich rüberkam, wenn man ihn nicht kannte. Die vertraute und gleichzeitig so fremde Art, wie sie seinen Namen aussprach, gab ihm das Gefühl sie bereits öfters getroffen zu haben. Seltsam. Und dennoch bevorzugte er es sie hin und wider mit ihrem Nachnamen anzusprechen, als wolle er sie möglichst auf Distanz halten. Nachdem er bekommen hatte, was er brauchte, musterte er die Länge des Kabelbinders noch einmal genau, ehe er nickte. "Das können Sie tatsächlich."
"Und im Übrigen verstehe ich es keineswegs, wieso Sie nicht im Verkauf arbeiten. Sie würden sicher ein paar Kunden mehr anlocken.", das Gesicht völlig ernst bleibend, drangen erneut die Stimmen der Mitarbeiter zu ihnen durch, die immer noch nicht herausgefunden hatten, wie deutlich man sie verstehen konnte. "Ich hab keine Ahnung, boah. Das versteht doch kein Mensch, was will'n der von ihr? Wieso hat der mich nicht angesprochen, ich bin kurvig, hab blonde Locken und sehe auch so verdammt gut aus. Auf sowas stehen Millardäre doch oder nicht?" Zwar sah man ihm an, dass er die Worte wahrnahm, doch wieder spiegelte sich auf seinem Gesicht nichts wider. "Entschuldigen Sie mich einen Moment, Saphira.", kam es ihm gepresst über die Lippen, ehe er um die Ecke bog und die Stimmen augenblicklich verstummten.
Womit er nicht gerechnet hatte, der Chef dieses Baumarktes stand ebenfalls in der Runde. "Guten Tag, die Herrschaften. Mister Whinchester, wäre es möglich Ms. Evermore für ein paar Stunden ihres Dienstes zu entbinden? Ich habe da etwas zu klären.", seine Stimme nahm an Dominanz zu, dass man es kaum wagte zu widersprechen. Kein Wort verließ seine Lippen darüber, dass sie jedes Wort mitbekommen hatten. Lediglich ein warnender Blick in Richtung der Blonden wies darauf hin, was sie gleich wegschauen und erröten ließ. "Natürlich, Sir. Ich..k-kann ich noch etwas für Sie tun, waren Sie zufrieden?" Seine Macht über die Menschen war manchmal tatsächlich zu vergleichen mit der eines Königs. Wie die Untertanen unterwarf man ihm sich und bettelte um Anerkennung. "Nein, das wärs. Aber vielleicht sollten Sie ihre Mitarbeiter ein wenig besser unter Kontrolle bekommen oder bezahlen Sie hier für Kaffeeklatsch?", ohne auf eine Reaktion zu warten verließ er die Runde wieder und kehrte mit neutralem Gesichtsausdruck zurück zu Saphira, die noch immer an Ort und Stelle stand. "Ziehen Sie sich um, ich werde Sie nun für ein paar Stunden entführen."


Neugierig und doch mit einer gewissen Zurückhaltung besah sie sich Alec. Zugegeben, sie hatte wirklich nicht geglaubt das er irgendwie auch nur annährend handwerklich begabt war. Das sollten keine Vorwürfe sein, doch war Alec doch viel eher eine Person die für sich arbeiten ließ. Ungläubig sah sie dem gutaussehenden Millionär in die Augen, doch wandte sie den Blick im nächsten Moment wieder verschämt ab und räusperte sich. "Verzeihung. Das sollte keine Beleidigung sein. Natürlich sehen Sie aus als seien Sie handwerklich begabt." Leicht kicherte die Schöne dann doch mit vorgehaltener Hand. Wieder überkam die Schönheit ein Schauer als Alec auf ihre Arbeit zu sprechen kam und dabei meinte, dass sie den ein oder anderen Kunden anlocken könnte. Sprach er da wirklich gerade mit ihr? "Es gibt viel bessere Verkäuferinnen." Und vor allem hübschere, doch sie unterließ es auch noch das zu sagen. Es war schon schlimm genug, dass sie ihm schon wieder widersprach. Gerade hatte sie das Wort wieder an ihn richten wollen, da verließ er sie auch schon und verschwand um die nächste Ecke. Natürlich war auch Saph das Gerede der anderen Frauen und auch Männer aufgefallen, doch was sollte sie dazu schon sagen? Sie konnte es nicht ändern. Sie war selbst verwundert über das Verhalten von Alec ihr gegenüber.
"Natürlich ..." Murmelte sie als er die Schöne bat einen Moment zu warten. Sich hinter dem Regal versteckt, lauschte sie den Worten die er an die Arbeitskollegen von Phira richtete. Fragte er wirklich gerade ob die Brünette die Arbeitsstelle mit ihm verlassen durfte? Ungläubig fuhr sie sich durch das lange Haar, rückte ihre Kleidung zurecht und versuchte in einer Spiegelnden Kreissäge das Aussehen zu kontrollieren, was jedoch fehlschlug. Sie fand sich nicht auch nur annährend schön genug für Alec. Still wartete sie bis er zurückkam und sie anwies, sich umzuziehen damit er sie .. entführen konnte? Den Blick aufgerichtet verlor sie sich in seinen Augen. Entführen .. dieses Wort hatte aus seinem Mund etwas wahnsinnig verführerisches. "Geht das in Ordnung?" Fragte sie leise, woraufhin ihr Chef nur wild nickte. "Los! Geh mit Mister Shillcon mit. Oh Sir, den Kabelbinder schenke ich Ihnen natürlich ..." Ihr Chef verschwand, ließ die Beiden alleine zurück und Saphira ging nach kurzen Zweifel in die Umkleide um sich umzuziehen.
Sich die Tasche umgehangen, trat sie an seine Seite, während ihre Finger nervös mit der Bluse spielten, die sie trug. Eine Bluse, eine lange, schwarze Jeans und das Haar zu einem Zopf zusammen gebunden, erweckte Saphira den Eindruck eines verklemmten Mäuschens, doch das war wohl jedem klar, der auch nur mit ihr sprach. "Wohin gehen wir?" Fragte sie neugierig mit einem Funkeln in den Augen, welche schrien, dass sie sich nach Gefahr sehnte. Er war ihr Retter, schien sie aus einem tristen Leben zu holen, zu entführen und ihr zu zeigen was es bedeutete, zu leben.

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